Über "Petit Cosmonaute"

Über "Petit Cosmonaute"

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Guten Tag!

Mein Name ist Rolf Witteler. Ich bin der hintere Teil der Fröschke, Witteler GbR, besser bekannt unter dem Labelnamen LE POP Musik. Ihr kennt uns vielleicht durch die "Le Pop"-Compilations oder wegen einzelner Künstler, die wir herausgebracht haben, wie Coeur de pirate, Hollydays, Françoiz Breut, Fredda, -M-, Mathieu Boogaerts, Holden und Dominique A. Nur um ein paar zu nennen. Ich möchte euch hier Alben vorstellen, die wir rausgebracht haben und, soweit es dazu etwas zu erzählen gibt, das auch tun.

Das Album neben mir im Bild ist "Petit Cosmonaute" von Jérôme Minière. Ich habe Jérôme vor ein paar Monaten in Paris nach langer Zeit wiedergesehen. Er gab ein wunderbares Konzert und mir ging das Herz auf. Mir fiel auf, wie sehr er mir gefehlt hat.

Dabei fing unsere Beziehung zu ihm ganz nüchtern an. Zuerst gab es eine strategische Überlegung. Wir hatten bisher nur die beiden ersten Ausgaben von Le Pop gemacht und die liefen äußerst erfolgreich. Jetzt hatten wir die Idee das Thema etwas zu vertiefen. Wir konnten ja nicht ewig "Le Pop"-Sampler machen, dachten wir – nun gut.

Außerdem fiel uns auf, dass sie gar nicht als Sammlungen verschiedener Songs von verschiedenen Künstlern wahrgenommen wurden und die Namen viele großartigen Musiker somit schnell wieder in Vergessenheit geraten würden. Also entschieden wir uns einzelne Künstler mit ihren Alben herauszubringen und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass sie auch in der deutschsprachigen Welt Konzerte gaben.

Jérôme Minière hatten wir auf beiden Le Pops vorgestellt. Der Song auf der ersten hieß "Un commencement du rage" und erschien noch auf dem heute legendären Label Lithium, sein Beitrag zu "Le Pop 2" ist von diesem Album "Petit Cosmonaute". Das erste was bei La Tribu aus Québec herauskam. Jérôme hatte sich in ein kanadisches Mädchen verliebt und war von Orléans nach Montreal gezogen. Das ist von Bedeutung, weil Umzug und amouröse Umstände auch musikalische Spuren hinterlassen haben. Das Vorgänger-Album ist von Sprechgesang geprägt und durchgängig elektronisch aufgenommen. Es gibt dazu sogar – ein ziemlich tolles – Instrumental-Album zwischen Downbeat und Minimal-Elektronik.

Auf "Petit Cosmonaute" war Minières Welt auf einmal ein ganz andere. Er sang und das sehr schön, die Beats waren auf einmal organisch und die Arrangements größtenteils akustisch. Man muss dazu wissen, dass seine Texte für seine frankophonen Hörer sehr, sehr wichtig sind. Aus unserer – Französisch wenig bis kaum verstehenden – Perspektive, spielten sie natürlich nicht so eine Rolle und wir dachten, jemanden, der vielleicht gar kein Französisch versteht, würde das Album in einer anderen Reihenfolge besser gefallen. Minière und La Tribu hatten damit kein Problem und so ist unser für diese Position bestimmte Eröffnungssong "Arpenter", ein Stück Musik, das zarter nicht sein könnte – instrumentiert mit akustischer Gitarre, schluffig-groovigen Schlagzeug, kurzen E-Gitarren-Sprengseln, ein paar Keyboard- und Computer-Gimmicks. Der Beat wird von der Gitarre auf der 2 betont, was dem Ganzen noch einen organischeren Charakter verschafft. Es ist ein einschmeichelnder Song, der den Hörer gleichzeitig um den Finger wickelt und doch schon andeutet, aus welchem musikalisch-emotionalen Kosmos uns dieser kleine Kosmonaut besucht.

Es ist ein elektro-akustisches Album im besten Sinne. Die Computer-Elemente sind sehr geschickt eingesetzt und fallen beim ersten Hören vielleicht gar nicht auf. Bei "L'Air Du Dehors" vergisst man sehr schnell die am Rechner erzeugten Tupfer sobald sie mit der Akustik-Gitarre verschmelzen, der Synthie, der in der zweiten Strophe einsetzt, hat ein wenig was von einer Harmonika. Für diese Musik spielt im Grunde die technische Erzeugung beim weiteren Hören keine besondere Rolle mehr. So geschickt hat das Minière hier gemacht. Zweckdienliche Anwendung von Computertechnik und von Hand bedienter Instrumente kombiniert mit schönen Melodien, so wie das auch auf Holdens "Chevrotine" oder "Hollywood Bizarre" von den Hollydays vorgeführt wird. Tolle Platten – bei Minière spielt allerdings noch etwas anderes eine Rolle. Man hat bei diesem Album das Gefühl, wirklich ganz nah bei ihm zu sein. Vielleicht liegt diese Unmittelbarkeit daran, wie er seinen Gesang aufgenommen hat und wie deutlich man allen Facetten seiner Stimme folgen kann. Vielleicht liegt es aber auch an dem herzergreifenden Charme, den dieser Mann ausstrahlt und der auch heute, wie ich im letzten November feststellen durfte, ungebrochen ist.

Wir haben noch die beiden Alben "Chez Herri Kopter" und "Coeurs" herausgebracht, die sich genauso lohnen, wie alles was dieser Mann angefasst hat. In Kanada hat er übrigens nicht nur die Liebe seines Lebens gefunden. Jérôme Minière ist dort heute ein anerkannter Künstler und Produzent. Hört euch seine Musik an und ihr werdet schnell verstehen, warum das so ist.



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